Rezensionen

Rezension auf Deutschlandradio

Mit „Krieg im Gehirn“ geht der Psychotherapeut dem Phänomen Stress und seinen Nebenwirkungen auf den Grund. Dabei zeigt er, dass der Zwang zu Konfrontation und Disziplin fast alle Bereiche unseres Daseins erfasst hat – und wie wir ihm entkommen könnten.

Eine Million Jahre ist es her, dass der Mensch aufhörte, vor dem Feuer davon zu laufen. Beherrscht er es seitdem? Keineswegs, erklärt der Psychotherapeut Frank Henning: „Wir haben gelernt, das Feuer zu nutzen. Aber die Regeln dieser Nutzung bestimmt immer noch das Feuer, nicht der Mensch.“

„Krieg im Gehirn“ heißt sein neues Buch über den Stress, und wie wir ihm entgehen können – und der Titel ist ganz wörtlich gemeint. Sämtliche Lebensbereiche des modernen Menschen seien von der Auffassung durchtränkt, nur durch Konfrontation lasse sich etwas erreichen, beobachtet der Autor zunächst und erhärtet seine Analyse Kapitel um Kapitel. Die Aufnahme von Nahrungsmitteln ist zur erbitterten Auseinandersetzung mit Kilos und gefährlichen Zutaten mutiert. Das tägliche Leben wird im Kampf um jede Minute mit Zeitmanagementtricks und To-do-Listen organisiert, als ginge es wie im Sturmangriff um Leben und Tod.

Körperlichkeit – Erotik, Wohlergehen, Bewegung – thematisieren wir wie ein soldatisches Pflichtprogramm zur Stärkung von Gesundheit und funktionierenden Beziehungen. Und wer begehrt noch auf, wenn das Berufsleben ganz unter dem Zeichen der Konkurrenzfähigkeit steht? Selbst das allerorts empfohlene „Networking“ mit Berufskollegen soll, sagt der Autor, nur die optimale Nutzung sozialer Ressourcen bringen.

Frank Henning arbeitet als NLP-Trainer, doch der reduktionistisch-patente Unterton, den man in der psychotherapeutischen Richtung des „Neurolinguistischen Programmierens“ nicht selten antrifft, liegt ihm glücklicherweise fern. Und so dient ihm auch der Exkurs in die Gehirnforschung nicht als modische Kurzschluss-Erklärung, sondern wird psychologisch zurückgebunden. Die Idee des allzeit bereiten Menschen sei als mentales Konzept eine Hervorbringung des Großhirns, so Henning.

Stress entsteht, weil Zwischen- und Stammhirn ganz andere Bedürfnisse verwalten, auf deren Unterdrückung die Psyche mit massiver Gegenwehr reagiert: nach Geborgenheit, Muße, Eigenzeit, einem Reifen innerer Möglichkeiten, ohne zu zweckgerichteten Zielen angetrieben zu werden. Wie das Feuer, das die Regeln seiner Nutzung bestimmt, gebe es auch Anteile des Menschen, die sich der Zweckbestimmung entziehen. Keine noch so geschickte Zeitmanagement-Strategie, kein noch so guter Vorsatz zum neuen Jahr könne sie aushebeln. Im Gegenteil: Je mehr wir uns zu nötigen versuchen, und sei es zu Wellness-Aktivitäten, umso stärker werden Stress und Fluchtbewegungen zu öden Oberflächlichkeiten.

„Krieg im Gehirn“ – dem Buch wäre ein klügerer Titel zu wünschen, der die kritische Auseinandersetzung mit der Metapher reflektiert. Auch braucht man Geduld, bis die verschiedenen theoretischen Ausflüge des Autors am Ende zusammenfinden. Aber warum nicht Geduld? Denn das ist die schwierige Lösung wider den Stress, zu der Frank Henning am Ende des Buches findet: Hören wir auf, uns zu optimieren. Werden wir, in Ehrfurcht vor uns selbst und vor dem Leben, sinnvoll tätig und sinnvoll still.

Besprochen von Susanne Billig

Frank Henning: Krieg im Gehirn – Wie uns der Stress beherrscht

Primus Verlag, Darmstadt 2011

144 Seiten, 16,90 Euro
www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1590347

 

 

Rezension auf Amazon

Frank Henning analysiert wie Stress entsteht (Fixierung auf Konkurrenz, z.B.) und wie man ihn aufheben kann. Das Buch basiert auf Erkenntnissen des NLP (logische Ebenen) und der Transaktionsanalyse, beide Modelle werden gut integriert. Anhand vieler sehr einleuchtender Beispiele wird die Anwendung dieser beiden Modelle erklärt. Die Lösung, die Henning vorschlägt, ist die, die Entfremdung von der eigenen Mitte zu überwinden, indem man „Ich“ und „Selbst“ wieder miteinander verbindet. Das wiederum vermindert die Stressbelastung im Gehirn – und es integriert auch die verschiedenen Hirnteile so, dass sie nicht mehr gegeneinander sondern miteinander arbeiten. Das Buch ist vor allem für Menschen wertvoll, die sich über Therapiemöglichkeiten informieren möchten und für Therapeuten, die einen ersten, sehr gut fundierten Überblick über NLP, TA und das Werk von Gregory Bateson suchen. Insgesamt eine gelungene Integration von Neurologie und Psychologie, die Henning als Naturwissenschaftler gut beherrscht. Klare Kaufempfehlung!

28. September 2011

Von Birgit VINE-PRODUKTTESTER

 

 

ekz Bibliotheksservice, Oktober 2011

Wie können wir den Alltag bewältigen, unsere Pflichten erledigen und Leistung zeigen, ohne dabei in Stress zu geraten, fragt der Psychotherapeut und NLP-Trainer. Er befasst sich mit unseren Essgewohnheiten, unserem Umgang mit der Zeit und der Allgegenwart der Konkurrenz in nahezu allen Lebensbereichen, stellt fest, dass Gestresste mit ihrem Inneren in Konflikt sind, und setzt sich mit scheinbaren Auswegen aus dieser Lage auseinander. Wie wir wirkliche Ausgeglichenheit und Stabilität finden können, zeigt er dann am Ende des Buches. Ein lesenswerter Titel; alles andere als ein oberflächlicher Ratgeber, vielmehr eine in die Tiefe gehende und zum Nachdenken anregende Lektüre, die helfen kann, seinen Weg zu finden.
von Reinhold Heckmann
Ärztenachrichtendienst, Mai 2012

Das Buch behandelt den inneren Konflikt zwischen Wunschdenken, guten Vorsätzen, Hindernissen in deren Umsetzung und dem tatsächlich Erreichbaren im täglichen (Berufs-) Leben mit allen „Kriegsfolgen“ wie Ablenkung, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Stressanfälligkeit, erhöhter Reizbarkeit oder ständiger Erschöpfung. Bei der Bestandsaufnahme des Autors geht es tatsächlich um den täglichen Kampf, um Begriffe wie „den inneren Schweinehund überwinden, sich zusammenreißen, in Deckung gehen, seine Haut retten, den Tag überstehen, die Stellung halten; gegen Müdigkeit, Übergewicht oder Fieber zu kämpfen“, wobei letztendlich besonders unser Immunsystem auf der Strecke bleibt.  Wer fühlt, dass der Alltagsstress ihm „auf die Gesundheit schlägt“, fragt sich nicht nur, wie es zu dieser Überlastungssituation kommen konnte, sondern sucht auch nach einem Ausweg aus dieser Lage. Frank Henning setzt genau dort an.

Interessant schildert Henning unsere moderne Nahrungsaufnahme als Ausdruck unseres Gehetztseins, mit allen negativen Folgen für unseren Körper. Der Hinweis des jahrzehntelangen Ruinierens der Gesundheit mit einem Lebensabend ohne Freude, gehbehindert, unbeweglich, versehrt, im Rollstuhl, schwerbehindert, Sozialhilfeempfänger als Invaliden der Moderne, oft noch stolz auf diese „Kriegsfolgen“.

Aber auch der gesunde Mensch läuft zu langsam, isst zu schnell, liebt zu wenig, redet zuviel, schläft zu wenig, streitet zu viel, vermeidet körperliche Anstrengung, benutzt Rolltreppen oder Fahrstühle anstatt zu laufen. Es darf keine Energie zu viel verschwendet werden, wobei auf den zunehmenden Trend der Fitnessstudios sowie auf Wellness als Ausgleich hingewiesen wird.

Es folgen wissenschaftliche neurologische Artikel, in denen auch medizinisch Fortgebildete noch einige unbekannte Informationen finden, jeweils mit Querverweisen zur Geschichte und zum Thema Krieg und Kriegsführung, was immer wieder sehr unangenehme Assoziationen weckt. Es geht in allen Lebensbereichen um Konkurrenz, die ständig für Stress sorgt, bis hin zur Internationalisierung übers Internet und vor allem Auswahlstress beim Fernsehen.

Hochinteressant ist Hennings Schilderung des psychotherapeutischen Drama-Dreiecks, wie wir ihm in vielen Lebenssituationen immer wieder begegnen, im ärztlichen Bereich vor allem in der Retter-Rolle, was den persönlichen Stress wieder nicht selten verstärkt.

Dem Kampf gegen die Zeit – versus der Einstellung „Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter“ – ist ein sehr ausführliches Kapitel gewidmet. Hierzu sei auch auf das Buch „Alles hat seine Zeit, nur ich hab keine“ von Karlheinz Geisler hingewiesen. Das Ziel dieser Zeitzuschreibungen ist es, in der Eisenhower-Grafik den optimalsten Platz zu finden, also nicht im Drama-Dreieck unterzutauchen und dennoch wichtig von unwichtig zu unterscheiden.

Nach aufschlussreichen Betrachtungen über die Zusammenhänge zwischen innerem und äußerem Prozess, was in der Darstellung von symmetrischen Verhaltensweisen, also auf Augenhöhe, sowie komplementären Strukture, also Unterordnung, Abhängigkeit, Eltern-Kind-Beziehung, folglich bei Erwachsenen meist begrenzend und einengend, beginnt und mit Fragen der „inneren Mitte“ mit den vier Grundgefühlen froh, wütend, traurig sowie ängstlich endet, wird Stress genauer definiert, vor allem durch die drei Spaltungen der Aufmerksamkeit, also links-rechts, innen-außen und Kopf-Bauch. Auf diese Weise wird dem Leser immer klarer, wo seine eigene Problematik sitzt und welche gesundheitlichen Gefahren auf ihn lauern.

Also was tun? Henning beschreibt im Kapitel „Psychotherapie der Selbst-Beziehung“ die Rückkehr aus dem Exil mit zahlreichen praktischen Übungen, sowohl körperlich als auch mental. Anschließend empfiehlt er „Heilsame Rituale“, am schönsten zu zweit, gemeinsam, also Erotik, Hypnose, Essen, Chorgesang oder Gottesdienst oder Sport um nur einige zu nennen. Einstein wird zitiert; Denken ohne die fünf sinne zu gebrauchen sei unmöglich, das heißt also sich wahrnehmen und mit sich selbst verbunden sein, um sich und andere zu bereichern.

Am Ende finden sich zahlreiche Anmerkungen und Literaturhinweise sowie ein ausführliches, für Bücher dieser Art nicht unbedingt übliches Stichwortregister, das sehr hilfreich ist.

Das Buch schließt mit einem interessanten Resümee mit der Aufforderung, sich selbst zu spüren, um seine Rituale, seine (Fremd-) Ziele und den eventuellen Erfolgszwang zu überdenken und mögliche Übergänge in psychosomatische Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen, um ein erfülltes Leben führen zu können, ohne sich aus dem täglichen Leben zurückzuziehen. Henning verweist auf die alte Weisheit „mens sana in corpore sano“ mit sinnvollem Tätigsein, Ehrfurcht vor dem Leben und der Natur, ermöglicht durch eine in uns wirkende reife und erwachsene Liebe, die jeder in sich selbst hat und nutzen kann.

Fazit: Ein sinnvoller Ratgeber zur Stressbewältigung zu einem guten Preis. Das Buch ist vor allem für stressgeplagte Menschen wertvoll, die sich über verschiedene Therapiemöglichkeiten informieren möchten. Insgesamt eine gute Kombination von Neurologie und Psychologie, die der Naturwissenschaftler Henning gut beherrscht. Ein Buch, das jeder in unserer leistungsorientierten Zeit gelesen haben sollte.

Roland Mathan

 

 

Berliner Zahnärzte Zeitung, Januar 2013

Krieg im Gehirn  — Wie uns der Stress beherrscht

Unter einer militärisch-assoziativen Überschrift und mit einem imponierenden  Cover hat Frank Henning mit „Krieg im Gehirn“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ein 144 Seiten umfassendes Werk geschaffen, welches sich mit dem Phänomen Stress und seinen Nebenwirkungen auseinandersetzt.

Das Werk, welches auch für Zahnärzte einen durchaus beruflichen Hintergrund beleuchtet, zeigt, dass bereits unsere frühen Vorfahren einen zwanghaften Drang zur Konfrontation besaßen. Dieser hat sich durch „zivilisatorische und kulturelle Entwicklungen zwar diszipliniert“, hat sich aber in fast allen Bereiche unseres Daseins in uns eingegraben. Ob und wie wir diesen nur „weiter disziplinieren“ und ihm dadurch moralisch begründet entkommen können, dies weist Frank Henning auf.

„Krieg im Gehirn“, das Buch über den unzivilisierten und zivilisierten Stress, F. Henning nimmt den Titel ganz wörtlich.  Er postuliert, dass alle Lebensbereiche des heutigen modernen Menschen von der Auffassung durchdrungen sind, nur durch Konfrontation lasse sich etwas erreichen. Der Autor beobachtete unsere Gesellschaft vielschichtig, tiefgründig und sehr genau. Seine korrespondierenden Analysen werden in elf Kapiteln zusammengetragen.

Über die „Botschaft der Umgangssprache; Polarisierung; Kampf gegen die Zeit;  Konkurrenz – die bürgerliche Variante des Krieges; Entwicklungsprozesse,

Ich-Zustände, Interaktionen“  bis hin zur „Aufhebung der Spaltung und Wiederverbindung“ spiegelt der Autor unseren täglichen  Existenzkampf mit dem Stress.

Ein Kampf um jede Minute, gepaart durch Zeitmanagement, organisatorische Tricks, Tag-To-Do-Liste sowie Wettlauf zwischen Zeit und biologisch-physio-logisch gesteuerter Managementeffizienz. Soldatisches Pflichtprogramm zur Stärkung von Gesundheit, Körper, Geist und funktionierenden Beziehungen. „Networking“ als anempfohlene Sozialkompetenz zur optimalen Nutzung sozialer Ressourcen. Wer kann dem noch widersprechen?

Frank Henning arbeitet in Teilbereichen der Medizin als NLP-Trainer. Sein methodisch durchdachter und begründeter Exkurs in die Gehirnforschung, in die medizinische Neurologie und Physiologie veranlassen ihn nicht, in digital-assoziative Kurzschluss-Erklärung zu verfallen, wie dies derzeit Mode ist. Seine Verbindungen  -Anatomie – Medizin – Psychologie – Neurologie – Psychotherapie- werden geordnet und verständlich zusammengeführt.

Stress, so F. Henning, entsteht als differente Bedürfnisverwaltung im Zwischen- und Stammhirn, auf deren Unterdrückung reagiert unsere Psyche mit massiver Gegenwehr.

Als Homo errectus vor ca. einer Million Jahren erlernte das Feuer zu beherrschen   — übrigens eine Beobachtungs- und Disziplinierungsleistung sondergleichen — erkannte er ein bis heute gültiges Gesetz: Das Feuer selbst bestimmt die Regeln seiner Nutzung. Nach Henning gelten ähnliche formale, medizinisch-psychologische Regeln. Jedoch existieren im Menschen auch „Anteile“,  die sich gesteuerten Zweckbestimmungen entziehen. Stress, Stressflucht, manifeste Vorsätze zum neuen Jahr und ihre gescheiterten Umsetzungen sind Ergebnisse cerebraler Reflektionen sowie psycho-physiologischer Dekoordinationen.

Das 144-seitge Werk muss mit einfühlsamer Geduld und mit nicht geringem   anatomischem Wissen gelesen werden. Gerade diese Kombination ist es, welche die profunden Ausflüge des Autors „Krieg im Gehirn“ uns Lösungen und Lösungsregeln wider den Stress finden lassen.

Frank Henning am Ende des Buches: „Hören wir auf, uns zu optimieren. Werden wir, in Ehrfurcht vor uns selbst und vor dem Leben, sinnvoll tätig und sinnvoll still.“
Daher meine Empfehlung:

Frank Henning: Krieg im Gehirn – Wie uns der Stress beherrscht

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, 144 Seiten, 12,90 Euro

Buchhandelsausgabe: Primus Verlag, Darmstadt 2011, 144 Seiten, 16,90 Euro

 

Dr.Wolfgang Kopp


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